Vor Gericht: Novomatic muss Spielsüchtigem 2.5 Millionen Euro zahlen
Posted on: 23/10/2018, 01:02h.
Last updated on: 23/10/2018, 01:05h.
Vor dem Landesgericht Wiener Neustadt hat ein Spielsüchtiger einen Erfolg gegen den ?sterreichischen Automatenbetreiber und Glücksspielriesen Novomatic errungen.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Kl?ger aufgrund seines pathologischen Spielverhaltens nur partiell gesch?ftsf?hig war und verurteilte die Novomatic Gaming Industries GmbH?zur Zahlung von 2.5 Millionen Euro.
Eine lange Leidensgeschichte
Der Kl?ger machte geltend, in der Zeit zwischen 2002 bis 2012 insgesamt etwa 2 Millionen Euro an von Novomatic betriebenen Automaten verloren zu haben.
Ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Mann zum exzessiven Spielen neige und den eigenen Spieldrang in diesem Zeitraum nicht unter Kontrolle hatte. Er sei somit nur eingeschr?nkt gesch?ftsf?hig gewesen, als er sich an die Automaten setzte.
Das Gericht folgte dem Gutachten und best?tigte einen Anspruch auf Rückabwicklung der Eins?tze.
Das Landesgericht Wiener Neustadt sah es zudem als erwiesen an, dass der Novomatic-Konzern gegen das ?sterreichische Glücksspielgesetz versto?en habe. Der Kl?ger hatte ?Würfelspiele“, ?Actiongames“ und ?Gamblen“ ausgeübt.
Damit würde allerdings die Bagatellgrenze überschritten. Pro Spiel seien zu hohe Eins?tze akzeptiert oder ausgeschüttet worden. Dies sei ein Versto? gegen das Glücksspielmonopol des Staates.?Der Konzern legte gegen die Entscheidung Berufung ein.
Wer ist Novomatic?
Novomatic ist ein Glücksspielkonzern aus ?sterreich. Der Automatenbetreiber liefert laut Wirtschaftsforschern einen wesentlichen Beitrag für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Steuern in ?sterreich. Das Unternehmen besch?ftigte 2017 allein in der Alpenrepublik 3.632 Mitarbeiter und erwirtschaftete einen Bruttoproduktionswert von 1,3 Milliarden Euro. Insgesamt 439,7 Millionen Euro h?tten die Aktivit?ten der Unternehmensgruppe zum Steuer- und Abgabenaufkommen 2017 in ?sterreich beigetragen.
Die Novomatic-Gruppe wurde vom Industriellen Professor Johann F. Graf im Jahr 1980 gegründete und verfügt über Standorte in mehr als 50 L?ndern. Der Konzern betreibt selbst in rund 2.100 eigenen elektronischen Automatencasinos und Spielbanken sowie über Vermietungsmodelle insgesamt rund 270.000 Gaming-Terminals und Video-Lottery-Terminals (VLTs). Für Novomatic arbeiten rund 30.000 Mitarbeiter weltweit.
Diesen Vorwürfen musste sich Novomatic in der Vergangenheit stellen
Novomatic ist in den letzten Jahren immer wieder direkt oder indirekt in Gerichts- und Ermittlungsverfahren involviert gewesen. Erst Anfang dieses Jahres berichteten wir, dass die ?sterreichischen Grünen die Novomatic-Tochter Admiral Sportwetten angezeigt hatten.
Damals ging es um den Vorwurf, das Unternehmen habe illegale Live-Wetten bei Fu?ball- und Tennis-Events veranstaltet. Admiral Sportwetten hatte den Vorwurf stets bestritten.
Schon einmal Probleme mit zu hohen Eins?tzen
Im Jahre 2017 musste sich Novomatic vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) ?sterreichs in einem weiteren Verfahren geschlagen geben. Schon damals ging es um zu hohe Eins?tze und m?gliche Gewinnausschüttungen an Automaten des Unternehmens.
Wie das Nachrichtenportal N?n.at berichtete, handelte es sich um Spielautomaten, die am Wiener Prater aufgestellt waren und an denen Spieler mehr als 50 Cent einsetzen und 20 Euro gewinnen konnten.
Der OGH entschied, dass solche Spiele nicht von der Konzession des Unternehmens gedeckt gewesen seien.
Das Signal, das von diesem Urteil ausging, blieb von den Verantwortlichen des Konzerns nicht unbeachtet. So stellt Novomatic im Finanzbericht für das Jahr 2017 fest:
?Diese Entscheidung k?nnte zu weiteren Klagen von Kunden führen, welche für den entsprechenden Zeitraum ihre Spielverluste zurückfordern.”
Novomatic reagierte. Zur Bek?mpfung einer m?glichen Klagewelle sei eine Vorsorge in mittlerer einstelliger Millionenh?he angelegt worden.
Befürworter und Unterstützer dieser richtungsweisenden Klage war der Novomatic-Widersacher Thomas Sochowsky.
Das Dauerthema: Sochowsky?gegen Novomatic
Wohl prominentester Kl?ger und Klageunterstützer in Prozessen gegen Novomatic ist der ehemalige Spielhallenbesitzer Thomas Sochowsky. Der Glücksspielexperte engagiert sich aktiv an der Prozessfinanzierung für Klagen gegen Novomatic und Admiral Sportwetten.
Mit welch harten Bandagen in der Welt des Glücksspiels gek?mpft wird, zeigte der 2017 gerichtlich ausgetragene Streit um Sochowskys nie erschienenes Buch. Wie Der Standard berichtete, hatte Sochowsky, der das Werk unter anderem Namen ver?ffentlichen wollte, darin Novomatic als ?gro?e kriminelle Organisation in ?sterreich bezeichnet“.
Der Konzern ging gegen die Ver?ffentlichung vor und gewann den Zivilprozess. Sochowsky musste die Aussagen widerrufen und 86.000 Euro an den Automatenbetreiber zahlen.
Noch spektakul?rer waren aber die Anschuldigungen, die im Rahmen der Nebenprozesse zum Kreditsch?digungsprozess auftauchten. So geht es um falsche Zeugenaussagen und eingeschaltete Spitzel.
Nach Berichten von Der Standard sei eine Privatdetektei auf Sochowsky angesetzt worden, die ermitteln sollte, aus welchen Quellen Sochowsky seine Aktivit?ten finanziert und wovon er lebt.
Engagiert wurde diese, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht, von der Firma Omnia. Dessen Inhaber, Gert Schmidt, soll als Automatenj?ger bekannt sein und gegen illegale Glücksspielautomatenbetreiber in ?sterreich vorgehen. Au?erdem soll er Kontakte zu Novomatic-Gründer Johann Graf unterhalten.
Welche Prozesse k?nnten auf Novomatic in der Zukunft warten?
Für Novomatic handelt es sich um eine juristische Schlappe, die in Zukunft noch schmerzhafter werden k?nnte. Schlie?lich ist nicht abzusehen, wie viele Kl?ger mit einer ?hnlichen Begründung ihre Verluste einklagen werden. In ?sterreich leben mehr als 64.000 Spielsüchtige. Die Zahl derer, die an den betroffenen Novomatic-Automaten gespielt haben, bleibt unbestimmt.
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